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Holzmaden Fossilien Info

Ein Zeitfenster vor 180 Mio. Jahren

Faszination Posidonienschiefer

Weiterführende Informationen

Sammlungen

Urweltmuseum Hauff, Holzmaden
Holzmaden_Videoclip
Quelle: Dean Lomax
Holzmaden_Museum_Hauff_1
Dotternhausen_Werkforum

Region Holzmaden

Holzmaden_A8
Die Urweltgemeinde Holzmaden

Aktive Schieferbrüche

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Schiefererlebnis, Dormettingen

Historischer Schieferabbau

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Grabungsschutzgebiet

Seit 1979 besteht das "Grabungsschutzgebiet Holzmaden". Es umfasst die Gemarkungen von Holzmaden, Dettingen, Notzingen, Ohmden, Kirchheim/Teck, Weilheim, Aichelberg, Boll, Dürnau, Hattenhofen, Schlierbach und Zell unter Aichelberg. 

Posidonienschiefer_Verteilung
Schutzgebietsgrenzen_Holzmaden

Fossiliensammler müssen eine Grabungsgenehmigung einholen und sich verpflichten, wissenschaftlich wertvolle Funde, die sie in diesem Gebiet machen, dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart anzuzeigen und sie auf Verlangen abzuliefern.  

Abbau des Posidonienschiefers

Die Schieferbrüche um Holzmaden sind zumindest schon seit dem Hochmittelalter in Betrieb. Immerhin wurden bereits auf der Burg Hohenstaufen Bodenplatten aus Schiefer verlegt. Der Abbau gilt dem sogenannten Fleins, einer nur achtzehn Zentimeter dicken Schieferschicht, die sich durch gleichmäßige Schichtung und Festigkeit auszeichnet. Der Fleins spaltet in der Regel zweimal. Seine schöne bruchrauhe Oberfläche, die über und über mit Muschelschalen bedeckt ist, wird für innenarchitektonische Zwecke verwendet. Die Schieferbrüche waren früher im allgemeinen fünf auf acht Meter große Gruben, deren Abbau nach Art des wandernden Steinbruches vor sich ging, indem nämlich jeweils der ausgebeutete Grubenteil mit dem Abraum der Abbaustrecke verfüllt wurde. Heute ist fast das gesamte Gelände um Holzmaden, in dem der Fleins zwischen zwei und vier Meter unter der Oberfläche liegt, ausgebeutet. So sind die Schieferbrüche alle auf Gebiete ausgewichen, in denen der Fleins bis zu zehn Meter tief liegt und nur noch unter Einsatz schwerer Maschinen erreichbar ist. 

Der Schiefer enthält je nach Schicht und Ort bis zu zwanzig Prozent organische Substanz und brennt deshalb. Durch Schwelen (trockene Destillation) wird das Bitumen zersetzt, und man erhält drei bis sieben Prozent Schieferöl. Auf den Steinbruchgeländen bei Holzmadensind durch Unachtsamkeit immer wieder große Schieferbrände entstanden: „Unter Eberhard III. 1668 geriet eine Schiefergrube bei Boll in Brand. Niemand wusste dem Brand zu wehren, der selbst das Wunderbad zu ergreifen drohte. Während des 6 Jahre dauernden Brandes floss aus dem Boden ein Öl, das die Leute als Steinöl verkauften" (O. Fraas). Öl und Teer aus den Posidonienschiefern fanden unter vielerlei Namen, auch in der pharmazeutischen Industrie, Verwendung. [7]

Entstehung des Posidonienschiefers

Der Name rührt her von der kleinen, nach dem griechischen Meeresgott Poseidon benannten Muschel Posidonia Bronni Quenstedt. Sie ist das Leitfossil und die für diese Ablagerung charakteristische Versteinerung. Ihrer ursprünglichen Entstehung nach sind diese Ölschiefer marine Faulschlammbildungen, die an Kontinentalrändern zur Ablagerung kamen. Die dunkle, blaugraue Färbung kommt vom reichlich vorhandenen Bitumen (Mineralöl) und von fein verteiltem Schwefelkies. Als Erdölmuttergestein sind solche Faulschlammgesteine von hervorragender wirtschaftlicher Bedeutung. Für die Ablagerung und Fossilisation verendeter Lebewesen in diesen Meeresschlicken ist der Sauerstoffhaushalt von entscheidender Bedeutung: Ist viel Sauerstoff vorhanden, kommt es zur Verwesung. Wenn nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist, und nicht zur Verwesung des gesamten organischen Materials ausreicht, kommt es zur Fäulnis. Liegt aber die Grenze des sauerstoffhaltigen Wassers über dem Meeresboden, so existieren auf dem Meeresboden keine Lebewesen, auch keine Fäulnisbakterien. Dies ist der Grund für den Fossilienreichtum, da wegen der fehlenden Aasfresser die Erhaltungsbedingungen vorzüglich sind.

Auf die Frage, warum gerade der Raum um Holzmaden so reich an Fossilien ist, gibt es Antworten mehr als genug. Nach der Theorie von Pompeckij haben in dem damaligen Meer Verhältnisse geherrscht, wie sie heute ähnlich im Schwarzen Meer beobachtet werden können. Durch schmale Verbindungswege mit dem freien Ozean erfolgte nur geringe Zufuhr an frischem Wasser. So bildeten sich, begünstigt durch reiches Planktonleben in den oberen Wasserschichten, am Meeresboden giftiger Schwefelwasserstoff und Bitumen. Durch Drehkreisströmungen reicherte sich an bestimmten Zentren das Treibgut an. So konnten durch Zusammentreffen vielerlei günstiger Voraussetzungen in dem feinen Meeresschlamm die Einschlüsse an bestimmten Punkten häufiger  erhalten werden. [7]

Sommer
Winter
Neuere Untersuchungen ergaben: Das Klima war geprägt von Sommermonsun und Wintertrockenheit durch Passatwind, was für starke jahreszeitliche Schwankungen des Sauerstoffgehalts im Meerwasser sorgte. Deshalb zersetzte sich totes Gewebe nur sehr langsam. Durch die eingeschwemmten Tone und Kalke wurden die toten Tiere bald überdeckt und konserviert. Im Laufe von Jahrmillionen verfestigte sich der Schlamm. So wurde aus dem Jahreszeitenwechel im Jurameer eine versteinerte Schichtenfolge. [17, 21]

Bergung der Holzmaden-Fossilien

Zum Entdecken der Versteinerungen gehört ein geschultes Auge. In der Regel ist auf der Oberfläche des Gesteins, außer höchstens einer flachen Aufwölbung, vom fossilen Einschluss nichts zu sehen. Lediglich im Querbruch sind Knochen an ihrer braunen Farbe im grauen Schiefer erkennbar. Nun ist es Aufgabe des Fachmannes, an den Querbrüchen Art, Größe und Lage der Versteinerung festzustellen und Stück um Stück der oft vielfach zerschlagenen Schieferplatten zusammenzufügen. 

Holzmaden_Bergung

Dem Pionier der Fossilienpräparation, Bernhard Hauff, widmete der "Teckbote" einen Artikel zum 150-jährigen Jubiläum.

Präparation der Holzmaden-Fossilien

Die genaue Untersuchung auf Vollständigkeit, Erhaltung und Einbettung nimmt der Präparator in der Werkstatt vor. Als Werkzeuge dienen Meißel, Messer, Grabstichel und als unentbehrliche Hilfsmittel Lupe und Binokularmikroskop. Gestein und Fossil bilden eine feste Masse. Sie lassen sich nicht einfach auseinanderspalten. So wird in vorsichtiger Schneide- und Schabarbeit Knochen um Knochen freigelegt, wobei den geübten Präparator lediglich die andere Farbe des Fossils leitet. Eine große Seltenheit, aber zugleich ein Gradmesser für die Qualität der Präparation ist die Erhaltung sogar hauchdünner Haut- und Muskulaturreste bis zum ganzen Körperumriß. [7]

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Ebenfalls zum 150-jährigen Jubiläum wirft der "Teckbote" in einem weiteren Artikel einen Blick in die heutige Präparationswerkstatt.

Unter dem Titel "Ichthyosaurier in Gefahr!" berichtet das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart über die Bemühungen, pyritisierte Fossilien vor dem Zerfall zu schützen.

Derartige "Ausblühungen" infolge der Umwandlung von Pyrit und Markasit machen aufwändige Restauration erforderlich. -> Weitergehende Informationen zum Pyritzerfall und Methoden der Konservierung bzw. Restauration.

Fossilien im Röntgenlicht

Der Einsatz von Röntgenaufnahmen ermöglicht optimale Ergebnisse bei der Präparation von Holzmaden-Fossilien.

Holzmaden_Ichthyosaurier_Röntgen
Bildnachweis: Axel Cordes.

Fossilien im Echtheitstest

Ob echt, rekonstruiert oder "Fake" - die Unterscheidung ist nicht immer einfach. Hier geht es zu den Beispielen.

4.03_Fake_Ichthyosaurus_Holzmaden
4.04_Fake_Ichthyosaurus_Holzmaden

Bildbände

Empfehlen möchte ich Ihnen folgenden Bildband, der "Klassiker":

Holzmadenbuch

Hauff, Bernhard & Hauff, Rolf Bernhard (1981):
Das Holzmadenbuch.

Antiquarisch

Anbei als Auszug das vergriffene Profil:

Holzmaden_Profil kpl.
Der Posidonienschiefer


Riegraf, Wolfgang, et. al. (1985): Der Posidonienschiefer.
Biostratigraphie, Fauna und Fazies

Enke-Verlag

Antiquarisch

Wissenschaftliche Bearbeitung, umfangreiches Literaturverzeichnis.
- als Download.

Dotternhausen_Holcim


Jäger, Manfred (2005): Das Fossilienmuseum im Werkforum.Holcim GmbH (Hrsg.).


Eigenverlag

Bebilderter Führer durch die Ausstellung.

Die Fossilien-Plattform "Steinkern" hat 2006 einen informativen Bericht zu Holzmaden eingestellt.

Weiterführende Literatur

1. Hiemer E.F., 1724 - Caput medusae utpote novum diluvii universalis monumentum detectum in agro Wuertembergico et brevi dissertatiuncula epistolari expositum. Roesslin, Stuttgart.

2. Eilenburg Ch.H., 1755 - Kurzer Entwurf der königlichen Naturalienkammer zu Dresden. Walther, Dresden und Leipzig.

3. Walch, J.E.I., 1755 - De mysteriis philosophicis, praeses J.E.I. Walch. Respondate J.I. Schafferus. Dissertation, Universität Jena.

4. Pompeckj J.F., 1901 - Die Juraablagerungen zwischen Regensburg und Regenstauf. Geognostische Jahreshefte, 14: 139–220.

5. Jäger G.F., 1824 - De Ichtyosauris sive Proteosauris fossilis speciminibus in agro Bollensi in Wuertembergia. 14 S., Cotta, Stuttgart.

6. Kauffman E.G., 1978 - Benthic environments and palaeoecology of the Posidonienschiefer (Toarcian). Neues Jahrbuch für Géologie und Paläontologie, Abhandlungen, 157: 18–36.

7. Wagner E., 1979 - Das Grabungsschutzgebiet „Versteinerungen Holzmaden", Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 8: 155-158

8. Kauffman E.G., 1981 -Ecological reappraisal of the German Posidonien-Schiefer (Toarcian) and the Stagnant Basin Model. In Gray J., Boucot A.T, Berry W.B.N, (eds.), Communities of the Past, Hutchinson Ross, Standsburg: 311–381.

9. Seilacher A., 1982a - Ammonite shells as habitats in the Posidonia Shales of Holzmaden -floats or benthic islands? Neues Jahrbuch für Géologie und Paläontologie, Monatshefte, 1982:98–114.

10. Seilacher A., 1982b - Posidonia shales (Toarcian, S. Germany) -stagnant basin model revalidated. In Gallitelli E.M. (ed.), Proceedings 1st International Meeting on Palaeontology, Essentials of Historical Geology, Venezia 1981: 25–55, Modena.

11. Riegraf W., Werner G., Lorcher F., 1984 - Der Posidonienschiefer. 195 S., Enke, Stuttgart. Schlotheim E.F. von, 1820 -Die Petrefaktenkunde. Becker, Gothenburg: LXII+437 S.

12. Loh H., Maul B., Prauss M., Riegel W., 1986 - Primary production, maceral formation and carbonate species in the Posidonia Shales of NW Germany. Mittl. aus dem Geologisch-Paläontol. Institut der Universität Hamburg, 60: 397–421.

13. Seilacher A., 1990a - Aberrations in bivalve évolution related to photo-and chemosymbiosis. Historical Biology, 3: 289–311.

14. Seilacher A., 1990b - Die Holzmadener Posidonienschiefer -Entstehung der Fossillagerstatte und eines Erdölmuttergesteins. In Weidert W.K. (Hrsg.), Klassische Fundstellen der Paläontologie, 2, Goldschneck, Korb: 107–131.

15. Thies D., 1991 - Posidonienschieferfische. In: Arbeitskreis Paläontologie Hannover, S. 55-88

16. Oschmann W., 1994 - Adaptative pathways of marine benthic organisms in oxygen-controlled environments. Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen, 191: 393–444.

17. Schmid-Röhl A. 1999 - Hochauflösende geochemische Untersuchungen im Posidonienschiefer (Lias ε) von SW-Deutschland. Tübinger Geowissenschaftliche Arbeiten, A, 48, 189 pp.

18. Oschmann W, Röhl J, Schmidt-Röhl A & Seilacher A (1999) - Der Posidonienschiefer (Toarcium, Unterer Jura) von Dotternhausen. Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver. NF 81, 231-255.

19. Oschmann W (2000) - Der Posidonienschiefer in Südwest-Deutschland, Toarcium, Unterer Jura. In: Meischner D. (Hg.) Europäische Fossillagerstätten. European Palaeontological Association; Springer, 137-142.

20. Maisch M. & Matzke A., 2000 - The Ichthyosauria. Stuttgarter Beitr. Naturk. 298: 159 S.

21. Frimmel A., 2003 - Hochauflösende Untersuchungen von Biomarkern an epikontinentalen Schwarzschiefern des Unteren Toarciums (Posidonienschiefer, Lias ε) von SW-Deutschland. Dissertation Universität Tübingen, 108 S.

22. Seilacher A. et al. (2007) - Treibholzseelilien in Lias-Ölschiefern. Paläontologie aktuell. 349-355.

23. Seilacher A., 2010 - Developmental transformations in Jurassic driftwood crinoids, Swiss J. Palaeontol. 129-141

24. Maisch M. & Matzke A., 2019 - Palaeoecology and taphonomy of a Seirocrinus (Echinodermata: Crinoidea) colony from the Early Jurassic Posidonienschiefer Formation (Early Toarcian) of Dotternhausen (SW Germany). Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie - Abhandlungen 291(1): 89-107