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Holzmaden Fossilien

Ein Zeitfenster vor 180 Mio. Jahren

Faszination Posidonienschiefer

Ein Wegweiser zu einzigartigen Fossilien aus Holzmaden

Der Posidonienschiefer aus der Umgebung von Holzmaden ist berühmt für ihre Fossilfunde. 

Holzmaden_Stenosaurus bollensis

Die Fossilien gewähren Einblick in den Lebensraum eines Schelfmeeres, welches vor etwa 180 Millionen Jahren in Mitteleuropa existierte.

Neben perfekt erhaltenen Skeletten von Wirbeltieren, Stachelhäutern, Krebsen und und Schalen von Weichtieren, sind auch Reste der Weichkörper mit Hautabdrücken und Organresten erhalten.

Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich beim Posidonienschiefer um einen feinlaminierter Mergelstein. Zur Zeit seiner Entstehung wurde der Schlamm durch die Last darüber liegender Schichten auf ca. ein Zwanzigstel seines Volumens zusammengepresst und entlang der Schichtflächen schieferartig aufgespaltet. Viele Fossilien sind deshalb nicht plastisch, sondern flachgedrückt als dünne Häutchen erhalten.

Seine dunkle Farbe verdankt er dem Bitumenanteil. Dieser schwankt um 3-8 %. 1 kg Schiefer liefert bei der Verbrennung rund 1.400 Kilokalorien, das entspricht ca. 20% des Heizwertes der Steinkohle. Schiefer brennt also, ein Umstand, der zu unkontrollierten Schwelbränden führte, die über viele Jahre hinweg nicht gelöscht werden konnten.

Holzmaden_Profil

Der „Untere Schiefer“, auch „Ölflöz“ genant, liefert im Maximum 8% Rohöl. Dies gab wiederholt Anlass für Versuche zur Ölausbeutung. Im 1. Weltkrieg entstand bei Göppingen das Juraölschieferwerk. Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde der verzweifelte Versuch unternommen, Mineralöl für Panzer und Flugzeuge zu gewinnen. Dem sogenannten Unternehmen „Wüste“ im KZ Bisingen bei Balingen fielen mehr als 3.480 Menschen zum Opfer.

Holzmaden_Hauff_Ichthyosaurier

Als Bernhard Hauff, der legendäre Präparator, 1892 bei der Bearbeitung eines Ichthyosauriers äußerst feine, kohligschwarze Reste freilegte und diese als Hauterhaltung zu erklären wusste, wurde dies zunächst von Prof. Oskar Fraas für unmöglich erklärt. Tatsächlich war es das erste Mal, dass an Versteinerungen Reste von Weichteilen freigelegt wurden. Der Siegeszug der Fossilien von Holzmaden in die Museen dieser Welt war seitdem ungebrochen.

Das Wissen um die besonderen Fossilfunde scheint schon lange verbreitet gewesen zu sein. 1598 berichtet J. Bauhin über Funde aus Bad Boll. 1724 erregte ein Fund von Ohmden Aufsehen, den E. Hiemer wie folgt ansprach:

Das Medusenhaupt, ein neues im württembergischen Boden entdecktes Zeugnis der universalen Flut.“ 

Holzmaden_Medusenhaupt

Anders als die bisher gefundenen, fragmentarisch erhaltenen Stücke, erlaubte dieses komplett geborgene Fossil eine eindeutige Zuordnung. Und tatsächlich, Hiemer verglich den Fund mit dem 1705 bekannt gewordenen Caput Medusae, einem Stachelhäuter aus dem Indischen Ozean. Als Erklärung, wie dieses Lebewesen nach Württemberg gekommen war, bemühte er eine große Sintflut. 

Der Fossilienhandel geht zurück auf Herzog Carl Eugen von Württemberg. 1749 gab er den Auftrag, gegen eine Prämie bedeutende Fossilien zu Unterrichtszwecken nach Stuttgart zu liefern. 

Holzmaden_Ichthyo_1749

Darunter befand sich ein Ichthyosaurier-Fragment mit einem Embryo im Leib - der älteste Saurierfund Mitteleuropas. Oft liegen Embryos in einer schwarzen, organischen Substanz eingebettet, die als fossile Fruchtblase erkennbar ist.

Namensgebend für den Posidonienschiefer ist übrigens die kleine Muschel mit altem Namen Posidonia bronni, ganz unspektakulär.

Der Abbau aller Schiefergruben um Holzmaden geht bis in eine Tiefe von ca. 12 m und war gerichtet auf die Gewinnung einer lediglich 18 cm starken Bank, dem „Fleins“. Der Fleins zeichnet sich durch eine gleichmäßige Ausbildung und Güte des Materials aus und war lange Zeit als Werkstein sehr beliebt. Über 90% aller Wirbeltier- und Seelilienfunde sind auf diesen fundreichen Horizont begrenzt. – mit Ausnahme der Krokodile, die nur im „Unteren Schiefer“ angetroffen werden.

Die Fossilien waren aber immer nur „Beigabe“, allein wegen ihnen lohnt sich der Abbau nicht. Waren 1939 in der Umgebung von Holzmaden noch etwa 30 Schieferbrüche mit über 100 Steinbrechern in Betrieb, ist der Abbau inzwischen fast vollständig zum Erliegen gekommen.

Etwas anders verhält es sich in Dotternhausen bei Balingen, wo der Ölschiefer seit 1939 abgebaut wird. Die Firma Holcim nutzt den Ölschiefer gleichermaßen ungebrannt als Brennstoff zur Klinkerherstellung im Drehofen wie auch gebrannt als Rohstoff für Portlandschieferzemente. Auch hier reicht der Abbau bis zum Fleins in ca. 8 m Tiefe. Das Material (300t/h) wird durch Sprengung gewonnen und wandert dann zum Mobilbrecher.

Holzmaden_Profil_Fleins

Der Tübinger Paläontologe Dolf Seilacher prägte 1970 den Terminus "Fossil-Lagerstätte" am Beispiel Holzmaden für Gesteinskörper, die durch große Anzahl, Vielfalt oder außerordentlichen Erhaltungszustand ihrer Fossilien ungewöhnlich reiche Informationen zur Lebensweise der Organismen und zu den Umständen ihrer Einbettung und Fossilwerdung liefern. 

Holzmaden_Ichthyosaurier

Auch wenn die „goldenen“ Zeiten des händischen Abbaus vorbei sind und nur noch vereinzelte Funde geborgen werden, ist das Fundgebiet Holzmaden, auch Dank immer weiter verfeinerter Präparations-Methoden, für Überraschungen gut. Nirgendwo sonst auf der Welt werden Wirbeltiere in dieser Qualität und Häufigkeit angetroffen.

Diese fossilen Schätze zu wahren und deren Einzigartigkeit in Erinnerung zu rufen, dazu soll diese Seite einen kleinen Beitrag leisten. Sie dient der Vermittlung dieser einzigartigen Fossilienlagerstätte. Besuchen Sie eines der Museen mit seinen großartigen Funden!