Ein Zeitfenster vor 180 Mio. Jahren
Für Fossilien besteht eine lange Tradition der Röntgenuntersuchung (Foelix & Fischer, 1999). Die ersten Veröffentlichungen erschienen nur neun Monate nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 (Brühl, 1896; Lemoine, 1896). Systematische Forschungen begannen 1932 durch W.M. Lehmann. Er konzentrierte sich auf Versteinerungen des Hunsrückschiefers (Bundenbach-Fossilien). Wesentlich bekannter wurde später W. Stürmer, der als Mitarbeiter der Firma Siemens sein technisches Wissen einbringen konnte und zwischen 1957 und 1980 weit über 20 000 Röntgenbilder von Fossilien erstellte, z.T. mit spektakulären Ergebnissen (Stürmer et al. 1980).
Seitdem findet die Röntgenmethode in der Paläontologie zunehmend Anwendung in der Vorbereitung zur mechanischen Präparation. Beim Röntgen des Urvogels Archaeopteryx stellte sich z.B. heraus, dass die drei Mittelfussknochen teilweise verwachsen sind und somit funktionell den völlig verwachsenen Laufknochen der Vögel entsprechen (Wellnhofer, 1989).
Gut sichtbar wurde z.B. auch die gebrochene und verheilte Bauchrippe eines Dinosauriers (Plateosaurus)
aus Frick. Die ehemalige Bruchstelle (Pfeil) und Callusbildung sind nach 200 Mio. Jahren noch gut erkennbar.
Der Fossiliensammler und Präparator Axel Cordes hat dieses Verfahren erstmals standardmäßig zum Bestandteil seiner Präparation von Holzmaden-Fossilien gemacht. Dabei gelingt es ihm, auch knifflige Situationen zu meistern und das Ergebnis seiner Präparation zu optimieren. Veranschaulicht wird dies anhand nachfolgender Praxisbeispiele.
Bei diesem kleinen Ichthyosaurier, an dem sich zuvor mehrere Präparatoren bereits versucht hatten, bestand die präparatorische Herausforderung darin, dass entlang einer natürlichen Kluft Feuchtigkeit eingedrungen war, wodurch die Knochensubstanz partiell angegriffen und porös geworden ist. Einige Wirbel waren bereits anpräpariert, aber nach der Sichtung wurde die Arbeit eingestellt. Für die Wahl der geeignetsten Präparationsmethode war es entscheidend, Klarheit über den Umfang und die Verteilung der "mürben" Zone zu erhalten. Hierbei waren Röntgenaufnahmen unerlässlich.
Bei diesem Ichthyosaurier stellte sich die Frage nach der genauen Lage und Anordnung der Knochen, insbesondere der Schädelfragmente. Auch hier erwiesen sich die Röntgenaufnahmen als wertvolle Hilfestellung.
Die Seelilienkolonie, bestehend aus mehreren Kronen von Seirocrinus samt Stielen, zeigte unter dem Röntgenlicht pyritische Bereiche. Diese lassen erfahrungsgemäß keine Feinstruktur erkennen, sind wenig ansehnlich und verfälschen den Gesamteindruck. Sinn der Röntgenaufnahmen war es, diese pyritische Störstellen vorab zu erkennen und bei der Präparation zu umgehen.
Auch bei diesem großen Ichthyosaurier erwiesen sich Röntgenaufnahmen als hilfreich für die Präparation. Die erkennbar mürben Knochen gaben früh Hinweise auf "kritische Zonen" und das Erfordernis deren Stabilisierung im Laufe des Präparationsfortschrittes. Der zweite Skleralring ("Auge"), ist im Röntgenbild 01 oben gut erkennbar und ging bei der Präparation nicht "verloren". Überraschend schön im Verbund erhalten ist das vordere Paddel (Röntgenbild 03).
Nach getaner Arbeit zeigt sich der Ichthyosaurier vollständig erhalten, im Urzeithof Stolpe, wo er sein neues Zuhause gefunden hat, eine neue Attraktion für die Besucher des Museums.
Axel Cordes ermöglichte mit obigen Photos und Erläuterungen, dass das von ihm angewandte Röntgenverfahren bei der Präparation von Holzmaden-Fossilien an dieser Stelle einem interessierten Publikum vorgestellt wird. Dafür herzlichen Dank!
Fragen zu diesem spannenden Thema beantwortet Axel Cordes Ihnen gerne, seine Kontaktdaten finden Sie hier.
Wie so oft, sind es ambitionierte Sammler und Präparatoren, die mit ihren Methoden Maßstäbe setzen und Pionierarbeit leisten. Erinnert sei auch an das Umbettungsverfahren, welches beim Beispiel #03 zur Anwendung kam und ursprünglich von Sammlern für die Konservierung der Messel-Fossilien nebenbei "entdeckt" wurde. Das Senckenberg-Museum Frankfurt birgt heute das Repositorium Messeler Wirbeltier-Fossilien mit ca. 2.500 Radiografien sowie das Wilhelm-Stürmer Archiv mit ca. 20.000 Radiografien der Bundenbach-Fossilien. In der Sektion Radiologie werden dort 2D-Röntgengeräte mit einem für hochaufgelöste Radiografien optimierten Laserscanner und das Mikro-CT für eigene Forschungen und in Kooperationen genutzt.
Noch einen Schritt weiter geht das Museum für Naturkunde Berlin und YXLON International. Diese einmalige Industriekooperation verfolgt das Ziel, die gängige 3D-Röntgentechnik an die Problematiken der Erfassung naturkundlicher Sammlungen anzupassen.
© Bildnachweis: Carola Radke / Museum für Naturkunde Berlin
Holzmaden-Fossilien im Überblick
Eine Auswahl
schönster Stücke
wenn Ausblühungen sichtbar sind
Wissenswertes zu Holzmaden