Neues Verfahren zur Tiefenimprägnation
Fossilien aus dem Posidonienschiefer von Holzmaden verdanken ihre herausragende Erhaltung der Umwandlung in Pyrit, oftmals zutreffend aber Markasit. Dieses Eisensulfid ist gleichzeitig des Fossils größter Feind. Im Kontakt mit Feuchtigkeit und Sauerstoff kann ein Zerfallsprozess einsetzen, der zur Umwandlung innerer Strukturen führt. Damit augenscheinlich einher gehen, an der Oberfläche sichtbar (und riechbar), gelbe "Ausblühungen" schwefeliger Verbindungen sowie eine Volumenerhöhung, die zur vollständigen Zerstörung des Fossils führen kann. -> Weitere Informationen
Die bislang umfangreichste Sanierung eines vom Markasit-Zerfall betroffenen Fossils betraf die weltgrößte Seelilienkolonie, das Aushängeschild des Urweltmuseums Hauff in Holzmaden. Den dortigen Präparatoren gelang es, die 18 Meter lange und sechs Meter hohe Schieferplatte, fachgerecht zu sanieren. Die Stuttgarter Zeitung berichtete 2014 darüber (Artikel):
Ein Schicksal, von dem auch die berühmte Seelilienwand in der Paläontologischen Sammlung Tübingen sichtlich betroffen ist. Ohne weitergehende Sanierungsmaßnahmen ist dieser historisch bedeutsame Fund dem Zerfall Preis gegeben:
Beide oben gezeigten Beispielen erfordern aufgrund deren Größe und Wandfixierung besondere Anforderungen an die Restauration. Die Seeliliengruppen beachtlichen Ausmaßes waren jeweils der "Nucleus" für den Neubau des Urweltmuseums Hauff (1971) wie auch des Geologisch-Paläontologischen Instituts Tübingen (1902) und sind dort fest eingebaut. Auch in anderen Sammlungen wird die Situation angetroffen, dass große Fossilienplatten aus Holzmaden nur an Ort und Stelle saniert werden können.
Die Situation bei der anstehenden Sanierung eines eingelagerten Ichthyosauriers mit ca. 3 m Länge ähnelte insofern, als dass auch dieses Fossil in der Vertikalen vor Ort saniert werden musste.
Das bislang beschriebene Verfahren für Holzmaden-Fossilien, so auch angewendet bei der Sanierung der Seelilienkolonie im Urweltmuseum Hauff 2014 (s.o.), zielt ab auf eine im wesentlichen auf die Oberfläche des Fossils beschränkte Konservierung des Fossils durch Kunstharze:
Kunstharze haben den Nachteil einer Viskosität (Zähigkeit), die deutlich über derjenigen von Acrylatklebern liegt. Zum Vegleich: Wasser hat eine Viskosität von 1 MPa, Acrylatkleber ab 3 MPa, Kunstharze ab 300 MPa.
++ Viskosität bei 23° C: >3 MPa
Die gelben, schwefelhaltigen Ausblühungen, Umsetzungsprodukte des Markasit, sind deutlich sichtbar.
Mit relativ einfachen Mitteln lassen sich diese Ausblühungen zunächst mechanisch entfernen - mit optischer Wirkung vorübergehendem Erfolg. Manch ein Ichthyosaurier, der (zunächst mir und dann ohne mein Zutun) zur Auktion eingeliefert wurde, hat eine (mir bekannte) ähnliche Vorgeschichte. Der Besitzer hat an dieser Stelle auf eine weitergehende Sanierung verzichtet zugunsten der Entscheidung: "Verkauft wie gesehen".
Eine dauerhafte Sanierung erfordert die fachgerechte Durchführung weitergehende Maßnahmen, zumindest in dem an anderer Stelle beschriebenen üblichen Umfang.
Hierzu werden Mikro-Bohrungen Diamant 1-3 mm durchgeführt, vornehmlich im Bereich der zuvor (mechanisch und chemisch) gereinigten Matrix, in einem engen Raster von ca. 1-2 cm Abstand. So gelingt es, solche Tiefenbereiche anzutreffen, wo die Matrix infolge der Umsetzungsvorgänge bereits deutlich geschwächt war. Mit dem Einbringung von 3%iger Lösung von Monoethanolaminthioglycollat in Spiritus können lokal eine Wegsamkeit zwischen benachbarten Mikro-Bohrungen erreicht und Ferrothioglycolat-Ausfällungen bereichsweise ausgespült werden. Das Einspritzen des Eisenlösers wird solange wiederholt, bis sich der Farbumschlag (violett) deutlich abschwächt.
Im nächsten Arbeitsschritt wird die behandelte Fläche mittels Heißluftfön (max. 700 °C) erhitzt, um Sulfat-reduzierende Bakterien, welche maßgeblich für die Ausblühung verantwortlich sind, abzutöten.
Anschließend werden in die Mikro-Bohrlöcher Acrylatgele mit abnehmender Viskosität iniziiert. So lässt sich eine tiefreichende Stabilisierung der Matrix erzielen.
Nach der obligatorischen Versiegelung mittels Polyvinbutryalharz (Paraloid B67, einem Acrylpolymer mit hydrophoben Eigenschaften), präsentiert sich das Fossil im bestmöglich sanierten Zustand.
Mein besonderes Interesse gilt von jeher den Fossilien aus Holzmaden. In dem Maße, wie ich Fossilien präparierte, wuchs mein Verständnis für deren Besonderheiten. Das Thema der "Ausblühungen" ist ein wohl gehütetes Geheimnis. Wird doch mit Fossilien aus Holzmaden immer noch viel Geld verdient.
Als Diplom-Geologe, unabhängiger Sachverständiger für Fossilien, vormals Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Geologische Institut Tübingen, präpariere ich für Museen und private Sammler, berate diese im Umgang mit dem sensiblen Thema "Ausblühungen" und biete Komplettsanierungen als Dienstleistung an.
Falls Sie sich unsicher ist, ob Ihre Fossilien aus Holzmaden erste Anzeichen von "Ausblühungen" zeigen, senden Sie mir gene ein Photo per Mail und ich teile Ihnen meine Einschätzung mit (kostenfrei).
Ein Befund "positiv" muss Sie nicht erschrecken. Fossilien aus Holzmaden mit "Ausblühungen" sind in vielen Museen anzutreffen. Manchmal machen sich erste Veränderungen bemerkbar durch leichte Farbveränderungen. Wichtig ist es, frühzeitig einzuschreiten und geeignete Maßnahmen zu treffen. Auch im Fall der obig beschriebenen "Tiefensanierung" hält sich der Aufwand in Grenzen.
Kein Verständnis habe ich, wenn "Ausblühungen" durch oberflächliche Maßnahmen kaschiert und für einen etwaigen Verkauf "aufgehübscht" werden. Über "Fakes" lasse ich mich bereits an anderer Stelle aus. Sollten Sie ein hochpreisiges Fossil aus Holzmaden erwerben wollen, deshalb meine Empfehlung: Sprechen Sie das Thema "Ausblühungen" offen an und fragen nach einer Zustandsbeschreibung.
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